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Malsommer in Kallmünz

Aggiornamento: 21 ago 2021

Mein Gefährte heißt nicht Wassily Kandinsky, und ich bin nicht Gabriele Münter. Trotzdem wollen wir jetzt so tun als ob und machen uns auf den Weg nach Kallmünz in der Oberpfalz, wo die beiden 1903 einen Malsommer verbringen.


Malsommer – das lässt denken an leuchtende Farben und flirrendes Licht, wogende

Weizenfelder und sattgrüne Wiesen. Hinaus in die Natur und unter freiem Himmel malen,

das ist das Gebot der Stunde. Was die Impressionisten mit ihrer Plein-Air-Malerei

vorgemacht haben, lässt sich weiter entwickeln. Gabriele Münter und Wassily

Kandinsky arbeiten daran, die Landschaftsmalerei voranzutreiben, was stilistisch

gesehen in den Expressionismus mündet.


Auch heute noch ist Kallmünz fast ein Geheimtipp, ein Marktflecken mit knapp über 3.700

Einwohnern, idyllisch im Naabtal gelegen, 25 km nördlich von Regensburg. Bei Kanuten

und Kajakfahrern ist die Naab beliebt, und Kallmünz mit seinen ins Wasser führenden

Stufen erleichtert sowohl das Ab- als auch das Anlegen.


„Ella“, wie er sie nennt, nimmt das Ausflugsschiff und benötigt für die Fahrt flussaufwärts von Regensburg aus vier Stunden. „Wassi“, wie sie ihn nennt, kommt mit dem Rad.

Wir sind - weniger sportlich - mit dem Auto unterwegs und staunen, dass wir weit und breit

die einzigen auf der Straße sind. Vielleicht mag das ja am Wochenende anders sein. Denn

dann öffnen die Cafés und Wirtsgärten im Ort wieder, erfahren wir später. Heute jedenfalls

hat fast alles geschlossen, was wir herrlich unaufgeregt finden.


Umso mehr Zeit haben wir, uns umzusehen, durch die Gegend zu streifen und wie Freiluftmaler auf Motivsuche zu gehen. Schon immer hat Kallmünz Künstler angezogen. Was sie hier wohl finden und inspiriert, wollen wir mit eigenen Augen sehen.

Bunte Fassaden in Kallmünz, © Karin Baedeker


Zwischen Fluss und Fels schmiegen sich Häuser und Terrassengärten an den Berg, die

bunten Fassaden und Torbögen begeistern uns, und dazu thront über allem die Burg. Die

Silhouette ihrer Ruine zeichnet sich markant vor dem Himmel ab. Überhaupt sind Burgen

ein Motiv, das der Baedeker Reiseführer, mit dem die beiden sonst unterwegs sind, gerne

als „malerisch“ beschreibt. Heute ist ein Teil der Ruine eingerüstet. Oben schweift unser

Blick über den mäandrierenden Flusslauf, und am Fuß des Burgbergs führt die alte

steinerne Brücke über die Naab in den anderen Ortsteil von Kallmünz, wo Hügel und

Wiesen die Ansiedlung umrahmen. Unsere Wege leiten uns durch verwinkelte Gassen

und über steile Treppen. Wir können uns vorstellen, wie Gabriele Münter und Wassily

Kandinsky auf Pfaden und Feldwegen auch die nähere Umgebung erkunden und in

Bildern einfangen. Von ihren Malausflügen bringen sie eine Fülle von Ölstudien,

Zeichnungen und Fotografien mit.


Eine Auswahl ihrer Plein Air Studien und Skizzen zeigt das Lenbachhaus in München in der Ausstellung „Unter freiem Himmel. Unterwegs mit Gabriele Münter und Wassily Kandinsky“.

Draußen zu malen und Motive festzuhalten, erfordert schnell zu sein. Farben und

Lichtstimmungen können im Nu wechseln: Spiegeln sich eben noch glasklar die

Brückenbögen auf der Wasserfläche, lässt schon eine leichte Brise sie verschwimmen.

Dringt eben noch ein Strahl durch und bringt das dunkle Blattwerk zum Leuchten, schiebt

sich eine Wolke vor die Sonne. Für das schnelle Malen vervollkommnen sie für sich eine

Technik, die in ihrer Flüchtigkeit und Lebendigkeit einen ganz eigenen Reiz hat: sie tragen

die Farben oft ungemischt und mit dem Spachtel oder Palettenmesser auf. Nicht selten

malen die beiden das gleiche Motiv: Zu vergleichen, was dabei herauskommt, ist höchst

spannend.


Der gegenseitige Austausch geht bis dahin, dass sie sich einander bei der künstlerischen Arbeit porträtieren: Sie malt ihn, er malt sie.

Was uns bei unserem Rundgang auffällt, sind die originellen und charmanten Cafés,

Restaurants und Unterkünfte in Kallmünz – ob offen oder zu, ob mit Felsterrasse oder

mit Wirtsgarten am Fluss, ob Schlösschen oder anderer Familienbetrieb mit langer

Tradition. Auch sie machen das Flair des Ortes aus.


Restaurants und Café in Kallmünz, © Karin Baedeker



Eng verbunden mit der Künstler-Historie ist der Gasthof und die Pension „Zur Roten

Amsel“. Hier hat Kandinsky seine Malklasse untergebracht, auch Studentin und Gefährtin

Gabriele Münter und Wassily Kandinsky selbst logieren hier. Tatsächlich sehen wir sie

schon von Weitem – mit ihren gemalten Konterfeis lugen sie aus den Fenstern im ersten

Stock.

Am Ende dieses denkwürdigen Malsommers in Kallmünz sind die beiden verlobt. Wie sagt

so romantisch die französische Café-Besitzerin im Ort zu uns:

„Hier lebt es sich wie in einem Gemälde“.



Weiterführende Links:


Ausstellung:

https://www.lenbachhaus.de/entdecken/ausstellungen/detail/unter-freiem-himmel


Der Katalog zur Ausstellung:

https://www.webshop-lenbachhaus.de/Produkte/Kataloge/Ausstellungskataloge/


Informationen über den Ort:

https://www.kallmuenz.de/


 



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